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IAV

25.01.2023

Wie Autos durch Innenraum­kameras und KI sicherer werden 

Mit einer Innenraumkamera und einem Algorithmus, der Körpermerkmale erkennt, lässt sich die Sicherheit im Fahrzeug für alle Insassen steigern.

Sobald Rückhaltesysteme durch KI Geschlecht und Statur erkennen, schützen sie besser.
© Max Lautenschläger, IAV GmbH

Patrick Laufer ist auf Künstliche Intelligenz (KI) spezialisiert und entwickelt Systeme, die die Sicherheit im Auto für alle Insassen steigern. Gängige Rückhaltesysteme – wie Sicherheitsgurte und Airbags, die Fahrzeuginsassen bei einem Unfall auf dem Sitz fixieren und bei einem Aufprall vor Verletzungen schützen – sind für einen 1,75 m großen und 78 kg schweren Mann ausgelegt. Sie schützen deshalb nur Personen optimal, die dieser Norm entsprechen.

Um das zu ändern, hat der Ingenieur eine Methode entwickelt, die durch eine Innenraumkamera, die ursprünglich für die Müdigkeits- und Ablenkungserkennung der fahrenden Person im Fahrzeug verbaut wurde, das Geschlecht erkennt und die Körpergröße sowie das Gewicht von allen Fahrzeuginsassen schätzt. So lassen sich zukünftige Rückhaltesysteme personalisieren und die Sicherheit für jede Person im Auto optimieren. „Ich spreche immer davon, dass wir die Rückhaltesysteme demokratisieren wollen“, sagt Laufer.

KI liest aus Gesicht und Silhouette, Größe, Gewicht und Korpulenz ab

Dabei hilft ihm ein sog, neuronales Netz (CNN), das Bilder verarbeitet und in den Pixeln nach Mustern sucht, um so auf bestimmte Merkmale wie beispielsweise das Geschlecht zu schließen. Das System setzt derzeit auf zwei Strategien: Zum einen erzeugt es mit einer Segmentierungsmethode Personensilhouetten, die zusätzlich die sichtbaren Gelenkpunkte des Oberkörpers und die prominenten Gesichtspunkte der Personen enthalten, und speist diese in ein CNN. Zum anderen werden direkt die Gesichtsbilder in das CNN eingespeist. Das Gesicht eignet sich besonders gut für die Schätzung von Insassenmerkmalen im Fahrzeug, da es anders als der Oberkörper, meist unbedeckt ist.

Um die Modelle für Szenarien im Fahrzeuginnenraum bewerten zu können, haben sie Laufer und sein Team auf Testpersonen angewendet, die im Auto sitzen und von einer Fahrzeuginnenraumkamera erfasst werden. So können sie die Leistung der verschiedenen Deep-Learning-Modelle im Innenraum des Fahrzeugs bewerten.

Virtuelle Absicherung der Insassenklassifikations-KI

Je mehr Körpermerkmale bekannt, desto höher die Sicherheit

Das Video zeigt einen Prototyp, wie eine Innenraumkamera in der Praxis die Fahrzeuginsassen segmentiert und Skelettmodelle in Form von Punkten erzeugt, um somit die Insassenmerkmale für jeden einzelnen Probanden zu schätzen. Das System erkennt drei Personen und deren Position im Auto. Wenn sich eine gefährliche Situation ereignet, würde das Fahrzeug erkennen, ob sich eine Person in nicht aufrechter Position (out-of-positon) befindet und selbstständig entscheiden, ob und welcher Airbag ausgelöst werden soll.

Dabei ist es besonders wichtig, dass die Kräfte perfekt eingestellt sind. Das geht besonders gut, wenn das Gewicht und die Sitzhöhe der Fahrzeuginsassen bekannt sind. Dies soll die von Laufer entwickelte Methode zukünftig bieten können. So entsteht ein genaues Bild von jeder Person im Auto, mit dessen Hilfe sich die Sicherheit optimieren und signifikant steigern lässt.

Geschlecht wurde bisher bei der Fahrzeugsicherheit vernachlässigt

„Das Geschlecht spielt definitiv eine wichtige Rolle für die Fahrzeugsicherheit. Frauen unterscheiden sich insbesondere in der geringeren Knochendichte und Muskelmasse von Männern, sagt Laufer. Das sei bei einem Unfall von Nachteil. Außerdem hätten Frauen häufig einen längeren Oberkörper und kürzere Beine, was bei einem Unfall andere Hebelverhältnisse zur Folge habe. „Unser Algorithmus kann derzeit mit 98% Wahrscheinlichkeit das Geschlecht einer Person über das Gesicht richtig einschätzen.“

Who ist who der Fahrzeuginnenraum-Spezialisten trifft sich auf Autosens

Auf der InCabin Messe in Phoenix (15. bis 17. März 2023) wird Patrick Laufer als Speaker auftreten und Teil seiner Forschung „Body height an weight estimation of vehicle occupants“ vorstellen.

Die Autosens ist eine jährlich stattfindende internationale Konferenz, die sich auf die Technologien und Anwendungen im Zusammenhang mit der Automobil-Sensorik konzentriert. Themen, die auf dem Kongress behandelt werden, umfassen unter anderem die Entwicklung von Sensorik für die Fahrerassistenzsysteme, autonomes Fahren und Fahrzeuginnenraumbeobachtung. Es bietet auch eine Plattform für Experten aus der Branche, um ihre aktuellen Forschungsergebnisse und Entwicklungen zu präsentieren und zu diskutieren.

Patrick Laufer ist Entwicklungsingenieur und Doktorand in der Abteilung Vehicle Safety Engineering bei IAV.