Das Software-definierte Fahrzeug (SDV) ist eine bedeutende Weiterentwicklung von traditionellen, Fahrzeugen hin zu solchen, die hauptsächlich durch Software gesteuert werden. Diese Transformation ermöglicht fortschrittliche digitale Fahrassistenzsysteme, erhöht die Sicherheit und vernetzt Fahrzeuge mit anderen Verkehrsteilnehmern und der Straßeninfrastruktur. SDVs bleiben zudem durch Over-The-Air (OTA) Updates während ihres gesamten Lebenszyklus auf dem neuesten Stand. Allerdings bringt der Wandel zu SDVs auch die Herausforderung mit sich, enorme Datenmengen zu verwalten.
Lösungen für aktuelle und zukünftige Herausforderungen im Datenmanegement
Die Datenmenge steigt sowohl innerhalb des Fahrzeugs durch immer komplexere Onboard-Funktionen als auch außerhalb durch erhöhte Konnektivität an. Gerade in der Entwicklung von Fahrzeugen stellen diese Datenmengen Ingenieur:innen vor immer größere Herausforderungen bei der Fehleranalyse und -beseitigung.
„Moderne Fahrzeuge sind aufgrund der software-getriebenen Fahrzeugarchitektur und den vielfältigen Fahrerassistenzsystemen komplex. Deshalb ist es nötig, Daten – auch im Petabyte-Bereich – effizient zu verwalten und zu analysieren. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, haben wir IAV Merida entwickelt“, sagt Dr. Remo Lachmann, Datenexperte bei IAV. Die SaaS-Lösung macht den Umgang mit dem ständig wachsenden Datenberg in der Entwicklung des SDVs einfacher. Sie hilft dabei, Fahrzeugdaten effizient zu speichern, zu verwalten und zu analysieren.
Daten als Basis für effiziente Erprobungen
IAV Merida empfängt Daten aus unterschiedlichen Quellen, von in Fahrzeugen verbauten Datenloggern oder Telemetrie-Einheiten. Diese zeichnen gezielt die relevanten Fahrzeugdaten auf und übertragen sie an IAV Merida. Diese Daten sind entscheidend, um Fehlerquellen zu identifizieren. „Anhand der Daten können wir erkennen, an welcher Stelle neue Konnektivitätsfunktionen ausfallen oder das Fahrzeug als Ganzes unerwartetes Verhalten zeigt.“, erklärt Lachmann.
Bevor Entwicklungsfahrzeuge auf den Markt kommen, durchlaufen sie aufwendige Analysen und Tests, um ihre Qualität zu prüfen. Tests können sowohl auf der Straße als auch im Prüfstand stattfinden. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Kaltland- oder Heißlandtests sowie kilometerintensive Dauerlauftests handelt. „Während dieser Tests beobachten wir bestimmte Verhaltensweisen und neue Funktionen oder Features. Jeder Test erzeugt eine Messung, die die wir effizient speichern und analysieren“, erklärt Lachmann. So lassen sich Datenströme im Auto erfassen, beispielsweise vom Motor zur Zentralsteuerung oder zum Display. Diese Kommunikation wird permanent aufgezeichnet und in IAV Merida gespeichert.
Speicherung gigantischer Datenmengen
Diese umfangreichen Tests bringen mit sich, dass IAV Merida monatlich 200 bis 300 Terabyte an neuen Fahrzeugdaten speichert. „Insgesamt verarbeitet Merida sogar mehr als 5 Petabyte an Daten pro Monat, da jede Messung verschiedenen Analysen unterzogen wird. Diese gigantischen Datenmengen liegen derzeit on premise in IAV eigenen Serverräumen. IAV Merida kann aber ebenso in einer Cloud-Infrastructure wie Azure oder Tencent betrieben werden, ganz nach Kundenwunsch und -bedürfnis.“, sagt Lachmann.
„Unsere Kunden behalten stets die Kontrolle über ihre Daten, egal ob sie IAV Merida als lokale Anwendung oder in der Cloud nutzen.“
Dr. Remo Lachmann – Datenexperte bei IAV
Weltweites Datenmanagement und Compliance
„Wir sind in der Lage, Daten weltweit gesetzeskonform zu hosten und stellen sicher, dass alle lokalen Vorschriften eingehalten werden“, sagt Lachmann. In Deutschland setzt IAV derzeit auf Azure von Microsoft, um Merida zu betreiben, andere Anbietung sind möglich.
Auch in China nutzen Kunden IAV Merida. Das ist eine Herausforderung, weil in China sehr strenge Datenschutzbestimmungen gelten. IAV arbeitet deshalb mit dem ortsansässigen Cloudanbieter Tencent zusammen. „In China ist es verboten, Geodaten auszuführen. Daher arbeiten wir mit lokalen Anbietern zusammen, um die Compliance sicherzustellen. So kann der volle Funktionsumfang von IAV Merida genutzt werden.“
Automatisierte Analysen und interaktive Dashboards
„IAV Merida kann aus komplexen Messdaten wertvolle Insights gewinnen. Unsere mehr als 300.000 Analysen pro Monat geschehen hochautomatisiert und erzeugen Berichte in Form von Dashboards, die beispielsweise Diagramme, Tabellen, Statistiken und geografische Karten enthalten“, sagt Lachmann.
Kunden können sowohl vor als auch während der Erprobung aus mehreren Analysemöglichkeiten wählen. IAV Merida führt diese dann automatisch für jede neue Messung durch. Die Berichte sind interaktiv und können bei Bedarf auch live analysiert und angezeigt werden. Dies ist besonders interessant, um bereits während der Fahrt das Verhalten des Fahrzeugs zu beobachten und so auf Auffälligkeiten direkt während der laufenden Tests zu reagieren. Die Analysen und Berichte können sowohl auf Einzelfahrzeuge als auch auf ganze Flotten angewendet werden.
Integration Künstlicher Intelligenz und KI-gestützte Anomalieerkennung
Neben statistischen und regelbasierten Analysen bietet IAV Merida auch die Möglichkeit, komplexe Systeme mit KI-basierten Algorithmen zu analysieren. Die KI-Algorithmen werden genutzt, um Fehler oder Muster zu erkennen, die mit gängigen Methoden gar nicht oder nur mit hohem Aufwand zu detektieren sind. Lachmann erklärt: „Die Nutzung von KI-Algorithmen in Merida ermöglicht es uns, Unbekannte Fehlverhalten oder Muster zu erkennen, was für die Entwicklung moderner Fahrzeuge unerlässlich ist.“
Ein besonderes Feature von Merida ist die KI-gestützte Anomalieerkennung. Diese berechnet einen Anomalie-Score, der Ausfälle und Defekte im Vorhinein erkennt. Kunden können so bereits im Voraus über mögliche Probleme informiert werden, bevor sie tatsächlich auftreten.
„Die KI-gestützte Anomalieerkennung in IAV Merida ermöglicht es uns, potenzielle Probleme mehrere Wochen oder Monate vor ihrem tatsächlichen Eintreten zu identifizieren und zu beheben“
Dr. Remo Lachmann – Datenexperte bei IAV